Video-Premiere & Interview: Godmother

Godmother ist mehr als nur Musik – Godmother präsentiert "kritische Theorie in Popmusik-Drag". Eine nicht-binäre Identität dreht sich auf links und wird zu einer Weltanschauung, die falsche Dualitäten wie echt/künstlich, selbst/andere(s) oder Ehrlichkeit/Ironie auf die Probe stellt – mit Ohrwurm-Melodien, tanzbaren Beats und einer gehörigen Portion politischem Statement.

Bandleader und Singer/Songwriter*in Josephinex lässt sich von Songbook-Standards ebenso inspirieren wie von Samplern und Sequenzern und webt einen bunten Flickenteppich aus artsy Rock, Barock-Pop, R'n'B und Clubmusik zu einem eklektischen Mix, der zu anachronistisch ist, um wirklich zeitgenössisch zu sein, und gleichzeitig zu widerspenstig, um wirklich als retro gelten zu können. Kurz: Godmother spielt 'Oldies but Newbies'.

Nun erscheint mit 'Heimathass' die neueste Single – und wir freuen uns, das dazugehörige Musikvideo als Exklusiv-Premiere auf bouygerhl.com präsentieren zu dürfen. Anlässlich der Veröffentlichung hat uns Josephinex zudem ein paar Interviewfragen beantwortet.

Interview mit Josephinex

Bouygerhl: Du sagst über Godmother, ihr macht 'kritische Theorie in Popmusik-Drag'. Der neue Song 'Heimathass' ist in der Tat äußerst politisch. Was genau kritisierst Du?

Josephinex : Ich kritisiere hier verschiedene Dinge, zum Beispiel Grenzen. Ich stehe für Grenzüberschreitung, vor allem die Grenze unserer Vorstellungskraft.

BG: In den Lyrics heißt es: "Alle haben das Recht, ihre Heimat zu hassen". Hass ist ein sehr starkes Wort in diesen aufwühlenden Zeiten. Genügt Dir kein kritisches Gegenüberstehen, oder muss es direkt Hass sein?

J: Es muss nicht zwangsläufig Hass sein, ich sage nur, dass ich für gleiche Rechte bin. Aber wenn das kritische Gegenüberstellen einer Idee Hass ergibt, dann finde ich das prinzipiell in Ordnung. Hass gegen Menschen aber nicht. Die gängigen '-hass'-Wörter richten sich gegen Menschen: Frauenhass, Ausländerhass, Judenhass und so weiter. Was im Song infrage gestellt wird, ist der eigene Staat – etwas Abstraktes, aber dennoch eine unterdrückende Kraft. Hass auf den Unterdrücker ist etwas anderes als Hass auf den Unterdrückten. Aber Du hast genau recht, diese Frage zu stellen. Im Video haben wir dem Thema eine Ebene der Ambivalenz hinzugefügt. Dabei haben wir uns insbesondere von dem Spruch von Audre Lorde inspirieren lassen: "Die Werkzeuge des Meisters werden niemals das Haus des Meisters niederreißen."

BG: Im Musikvideo und auf dem Single-Cover sieht man die Progress-Pride-Flagge, jedoch eingefärbt in Schwarz-Rot-Gold – hat mich irgendwie auch an die Flagge der Lithsexuellen erinnert. Klär uns auf, was es damit aus sich hat?

J: Die Lithsexuellen kenne ich nicht, aber ich finde es großartig, wenn jede*r ihre eigene Interpretation findet. Die Pride-Flagge und die deutsche Flagge, beide repräsentieren in gewisser Weise Identität, aber darüber hinaus stehen sie etwas im Widerspruch zueinander. Die Gegenüberstellung kann wie eine flüchtige chemische Reaktion sein und im besten Fall zu konstruktiven Fragen führen.

Ich stehe für Grenzüberschreitung – vor allem die Grenze unserer Vorstellungskraft.

BG: Im Song singst Du auf Deutsch, was bei Godmother bzw. Josephinex sonst nicht vorkommt. Warum war Dir das speziell für diesen Song wichtig?

J: Wie immer fallen mir die Worte, das Wortspiel einfach so ein. Aber diesmal war es auf Deutsch. Vielleicht war es unbewusst auch eine Art Rache für all die schlechten englischen Texte von deutschen Sängern, die ich durchleiden musste.

BG: Wir kennen uns schon recht lange aus der Berliner Subkultur – aus einer Zeit, wo der Begriff 'queer' noch politisch konnotiert war und Genderbending mehr Punk als Feuilleton. Das hat sich alles etwas verschoben und verändert. Was bedeutet 'queer' für Dich heute?

J: Für mich bedeutet es, dass frau ihre Position als Außenseiter*in annimmt, anstatt sich dem herrschenden System des Cis-Hetero-Patriarchats anzugleichen.

Zum Schluss unsere BOUYGERHL Quickies:

Die Musik welcher Künstler*in beeindruckt Dich ganz aktuell?
Güner Künier

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How To with John Wilson

Godmother live!

Um die Premiere zu feiern, spielt Godmother ein kleines, akustiches Set – am 23. März um 20 Uhr bei Queerbedroompop im 800A, Berlin-Gesundbrunnen.

  • Beitrag Zacker
  • Fotos Catherine Lieser